In jeder Lage des Verfahrens hat der Beschuldigte das Recht, einen Verteidiger hinzuzuziehen und sich durch diesen beraten und vertreten zu lassen. Diese Verteidigung kann ein Rechtsanwalt oder eine sonstige Person mit Befähigung zum Richteramt oder auch jede andere natürliche Person mit ausreichenden rechtswissenschaftlichen Kenntnissen (wie bspw. ein Rechtsberater) übernehmen. Damit ein Rechtsanwalt sich bei der Vertretung seines Mandanten legitimieren kann, bzw. damit ein Rechtsberater als Verteidiger zugelassen wird ist es ratsam, eine schriftliche Vertretungsvollmacht zu unterzeichnen, in welcher der Beschuldigte seinem Verteidiger noch einmal explizit alle benötigten Rechte zur Vertretung im Strafverfahren einräumt.
Im Falle eines Rechtsanwalts oder einer sonstigen Person mit Befähigung zum Richteramt geht dies recht leicht, ein Beispiel folgt diesem Absatz in Muster I. In diesem Artikel wollen wir jedoch auch besprechen, was eine sonstige Person, die die Verteidigung übernehmen möchte, hierbei beachten sollte. Nach Muster I folgt daher eine genaue Erläuterung der rechtlichen Bestimmungen des § 138 Abs. 2 StPO sowie zwei weitere Beispiele, einerseits zur Vertretungsvollmacht für einen Rechtsberater (Muster II) und andererseits zum Antrag auf Zulassung als Wahlverteidiger (Muster III).
Muster I: Vertretungsvollmacht in Strafsachen (Rechtsanwalt)
Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf
RA Max Mustermann
Musterstraße 1a
12345 Musterstadt
Beispieldorf, 05.03.2023
Hiermit wird
Herrn Rechtsanwalt Max Mustermann, Musterstraße 1a, 12345 Musterstadt,
durch
Bernd Beispiel, Beispielstraße 1, 12345 Beispieldorf,
in der Strafsache Beispiel, Az. 3 Js 5545/23
V o l l m a c h t erteilt
zur Vertretung und Verteidigung in Strafsachen, Adhäsionsverfahren und Bußgeldsachen, einschließlich der Vorverfahren sowie für den Fall der Abwesenheit zur Vertretung nach § 411 Abs. 2 StPO und mit ausdrücklicher Ermächtigung auch nach §§ 233 Abs. 1, 234 StPO, zur Stellung von Straf- und anderen nach der Strafprozessordnung zulässigen Anträgen und von Anträgen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, insbesondere im Beitragsverfahren.
Die Vollmacht gilt für alle Instanzen. Sie umfasst insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten, Geld, Wertsachen, Urkunden, Kautionen und Bußgeldzahlungen entgegenzunehmen und zu quittieren sowie Akteneinsicht zu nehmen.
B. Beispiel
Bernd Beispiel
Auch die Verteidigung durch einen Rechtsberater oder eine sonstige Person mit ausreichenden juristischen Kenntnissen ist durchaus möglich. Hierbei ist zwischen der reinen Beratung und der Verteidigung zu unterscheiden: Erstere findet nur außergerichtlich statt und ist in § 6 Abs. 2 RDG geregelt; sie kommt vor allem in Privatrecht zur Geltung und ist im Strafrecht nur von untergeordneter Bedeutung. Findet eine Rechtsberatung durch den Rechtsberater statt, so muss dieser sich regelmäßig auf dem Rechtsgebiet in welchem er tätig wird fortbilden und außerdem theoretisch jederzeit die Möglichkeit haben, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. ZErb 2008, 08). Aufgrund letzterer Tatsache ist es ratsam, in eine Vertretungsvollmacht (egal ob es um die außergerichtliche Vertretung im Zivilrecht oder aber die Verteidigung im Strafrecht geht) eine Klausel einzubauen, die die Erteilung von Untervollmachten zulässt.
Von Verteidigung ist hingegen die Rede, sobald eine Vertretungsvollmacht unterzeichnet wurde, die zur Verteidigung in einem Strafverfahren legitimiert. Gemäß § 138 Abs. 2 StPO muss der Rechtsberater, der als Verteidiger auftritt, die Vertretungsvollmacht nebst eines formlosen Anschreibens an das zur Eröffnung des Hauptverfahrens zuständige Gericht schicken und dieses somit davon in Kenntnis setzen, dass der Beschuldigte ihn als Verteidiger gewählt hat. Die Zulassung zur Verteidigung nach § 138 Abs. 2 StPO ist formal keine reine Mitteilung sondern ein Antrag, diesem muss vom Gericht jedoch stattgegeben werden und er darf gegen den ausdrücklichen Willen des Beschuldigten nur mit besonderem Grund, bspw. weil der gewählte Verteidiger in die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat verwickelt war, abgelehnt werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 138, Rn. 7). Die Vertretungsvollmacht (Muster II) und einen Antrag auf Zulassung als Wahlverteidiger (Muster III) möglichst frühzeitig ans Gericht zu verschicken ist wichtig, um Prozesshandlungen als legitimierter Verteidiger vornehmen zu können.
Muster II: Vertretungsvollmacht in Strafsachen (Rechtsberater)
Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf
Erik Exempel
Exempelgasse 1a
12345 Exempelstadt
Beispieldorf, 05.03.2023
Hiermit wird
Herrn Erik Exempel, Exempelgasse 1a, 12345 Exempelstadt,
durch
Bernd Beispiel, Beispielstraße 1, 12345 Beispieldorf,
in der Strafsache Beispiel, Az. 3 Js 5545/23
V o l l m a c h t erteilt
zur Vertretung und Verteidigung in Strafsachen, Adhäsionsverfahren und Bußgeldsachen, einschließlich der Vorverfahren sowie für den Fall der Abwesenheit zur Vertretung nach § 411 Abs. 2 StPO und mit ausdrücklicher Ermächtigung auch nach §§ 233 Abs. 1, 234 StPO, zur Stellung von Straf- und anderen nach der Strafprozessordnung zulässigen Anträgen und von Anträgen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, insbesondere im Beitragsverfahren.
Die Vollmacht gilt für alle Instanzen. Sie umfasst insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), insbesondere dann, wenn die Postulationsfähigkeit ohne eine dritte Person nicht mehr gegeben oder sofern deren Hinzuziehung gem. § 6 Abs. 2 RDG erforderlich wäre, Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten, Geld, Wertsachen, Urkunden, Kautionen und Bußgeldzahlungen entgegenzunehmen und zu quittieren sowie Akteneinsicht zu nehmen.
Mit Unterzeichnung dieser Vollmacht erklärt der Unterzeichnende auch seinen Willen, dass Herr Exempel als Verteidiger i. S. d. § 138 Abs. 2 StPO in o. g. Sache zugelassen wird.
B. Beispiel
Bernd Beispiel
Muster III: Antrag auf Zulassung als Wahlverteidiger (Rechtsberater)
Erik Exempel
Exempelgasse 1a
12345 Exempelstadt
Einschreiben / Einwurf
Amtsgericht Beispieldorf
– Strafsegment –
Beispielallee 17
12345 Beispieldorf
Exempelstadt, 05.03.2023
Antrag auf Zulassung anderer Person als Verteidiger gem. § 138 Abs. 2 StPO /
Az. 3 Js 5545/23
In dem Strafverfahren gegen Herrn Bernd Beispiel wegen Beleidigung und versuchter Körperverletzung (§§ 52, 185, 223 II StGB)
stelle ich Namens des Beschuldigten den Antrag, mich als seinen Wahlverteidiger gem. § 138 Abs. 2 StPO zuzulassen.
Begründung:
Herr Beispiel wird beschuldigt, am 02. Februar 2023 Herrn Gerhard Geschädigter beleidigt und anschließend versucht zu haben, diesem mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Eine sachgerechte Verteidigung ist in diesem Fall geboten und wird durch den Beschuldigten gewünscht.
Ich verfüge über mehr als ausreichende rechtswissenschaftliche Kenntnis, um den Beschuldigten angemessen verteidigen zu können und bilde mich regelmäßig auf dem Gebiet des Strafrechts und Strafprozessrechts fort. Es ist der ausdrückliche Wunsch des Beschuldigten von mir vertreten zu werden und ich genieße sein volles Vertrauen.
Beweis: Unterzeichnete Vertretungsvollmacht als Anlage 1.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Exempel
Erik Exempel
Rechtsberater
Hinweise zu den Mustern:
- Das Muster II ist noch keine Eigenständige Legitimation zum Verteidiger darstellt, ist dieses stets zusammen mit einem Antrag (Muster III) ans Gericht zu versenden. Legitimation zur Vornahme von dem Verteidiger vorbehaltenen Verfahrenshandlungen bietet erst der Beschluss des Gerichts, die Person als Verteidiger zuzulassen. Zuständig ist regelmäßig – auch im Ermittlungsverfahren – das Gericht, das im Fall einer Anklageerhebung sachlich wie örtlich zuständig wäre. In dringenden Fällen, insbesondere wenn gerichtliche Untersuchungshandlungen im Raum stehen, kann der Antrag auch an den Ermittlungsrichter gerichtet werden.
- Muster III ist selbstverständlich an die persönlichen Gegebenheiten anzupassen. Der Sachverhalt kann hier ebenfalls deutlich ausführlicher geschildert werden; liegt bereits eine Anklageschrift vor, so kann die Formulierung aus dieser als Hilfestellung genutzt oder auch direkt übernommen werden.
- Bei Muster III ist auch eine digitale Zustellung per EGVP ratsam. Mit Zulassung als Verteidiger wird diese Form so oder so für alle Schriftsätze erforderlich (§ 32d 1 StPO).