Die Klageerwiderung im Zivilprozess

Nicht immer ist man auf einen bevorstehenden Rechtsstreit vorbereitet. Für den Beklagten wirkt die Zustellung einer Klageschrift oft belastend, sei es wegen Sorge vor möglichen Kosten oder Unsicherheit über den weiteren Ablauf des Verfahrens. Gerade in dieser frühen Phase des Zivilprozesses ist es jedoch wichtig, richtig zu reagieren und die prozessualen Schritte zu verstehen, die nun folgen. Mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten wird der Rechtsstreit rechtshängig (§§ 253 I, 261 I ZPO) und das Gericht entscheidet über die Weichenstellung für das weitere Verfahren: Entweder wird ein früher erster Termin anberaumt oder das schriftliche Vorverfahren eingeleitet. Beide Varianten haben Auswirkungen darauf, wie und vor allem in welcher Frist der Beklagte seine Verteidigung gestalten muss. In diesem Beitrag soll erläutert werden, wie der Zivilprozess für den Beklagten abläuft und wie richtig auf eine Klageschrift reagiert wird.

Bestimmt das Gericht einen frühen ersten Termin, handelt es sich dabei um einen vollwertigen Verhandlungstermin, der sowohl der Strukturierung des Rechtsstreits als auch – bei Eintritt der Entscheidungsreife – bereits der abschließenden Entscheidung dienen kann, also der Erlass eines streitigen Urteils möglich ist. Besonders bei einfach gelagerten Fällen kommt daher der frühe erste Termin zur Erledigung des Rechtsstreits, bei komplexeren Fällen ggf. zur Förderung des Rechtsstreits in Betracht, etwa um den Streitstoff einzugrenzen und das weitere Vorgehen (z. B. Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme) mit den Parteien bzw. Prozessbevollmächtigten abzuklären.

Da der Rechtsstreit im Regelfall in einem Haupttermin zu erledigen ist (§ 272 I ZPO), bietet sich bei besonders komplexen Sachverhalten, die weiteren Vortrag der Parteien erforderlich machen, auch die Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens an. Gerade bei Verfahren, für die erstinstanzlich das Landgericht zuständig ist, stellt dies den Regelfall dar. Nach einer Klageerwiderung – hierzu folgend – werden weitere Schriftsätze der Parteien ausgetauscht (Replik des Klägers, Duplik des Beklagten, usw.), um den Haupttermin vorzubereiten.

Soll ein früher erster Termin stattfinden, so setzt das Gericht mit Zustellung der Klageschrift eine Frist zur Klageerwiderung bzw. zum Vorbringen der Verteidigungsmittel (§ 275 I ZPO). Wird das schriftliche Vorverfahren angeordnet, fordert das Gericht ebenfalls zur Klageerwiderung auf, setzt aber auch eine Frist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft (§ 276 I 1, 2 ZPO). Letzteres ist eine Notfrist, d. h. diese kann nicht verlängert werden. Üblicherweise wird man als Beklagter zunächst anzeigen, dass man sich gegen die Klage verteidigen möchte und anschließend innerhalb der gesetzten bzw. einer ggf. auf Antrag verlängerten Frist, die materielle Klageerwiderung nachreichen.

Die Klageerwiderung selbst bildet das Kernstück der Verteidigung. Sie soll dem Gericht ermöglichen, den Vortrag des Klägers zu prüfen und die maßgeblichen Streitpunkte zu erkennen. Inhaltlich beginnt die Erwiderung mit Ankündigung der Anträge für die mündliche Verhandlung; im Regelfall (Ausnahmen bspw. bei Verurteilung Zug um Zug, §§ 274, 322 BGB) ist dies beim Beklagten der Antrag, die Klage abzuweisen. Anschließend sollte geprüft werden, ob die Klage zulässig und schlüssig ist. Ist die Klageschrift unschlüssig, d. h. wird etwa zu bestimmten Tatsachen, die zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs notwendig sind, nicht vorgetragen, oder ist die Klage unzulässig, etwa weil das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers fehlt, sollte dies gerügt werden.

Ist die Klage zulässig und schlüssig, richtet sich die Klageerwiderung darauf, den Vortrag des Klägers zu bestreiten oder durch eigenen Sachvortrag zu entkräften. Hierbei ist entscheidend, auf möglichst alle vom Gegner behaupteten Tatsachen einzugehen (§ 138 II ZPO) und unrichtige Tatsachen zu bestreiten. Wird eine gegnerische Behauptung nicht bestritten, gilt sie als zugestanden (§ 138 III ZPO). Erforderlich ist grundsätzlich substantiiertes Bestreiten, d. h. konkreter Vortrag dazu, was an den vom Gegner behaupteten Tatsachen unzutreffend ist. Einfaches Bestreiten genügt nur, soweit auch die Gegenseite nicht substantiiert zur behaupteten Tatsache vorgetragen hat (vgl. MüKoZPO/Fritsche, 7. Aufl., § 138 Rn. 22, 23) oder mit Nichtwissen bestritten werden soll.

Auch wenn es dem Kläger obliegt, Beweis für anspruchsbegründende Tatsachen anzutreten, sollte sich als Beklagter nicht auf bloßes Bestreiten beschränkt, sondern konkrete Beweisangebote für die Richtigkeit des eigenen Tatsachenvortrags gemacht werden. Zulässig sind hierbei die Zeugenvernehmung (§§ 373 ZPO), die Vorlage von Urkunden (§§ 415 ZPO), der Augenschein (§§ 371 ff. ZPO), die Einholung eines Sachverständigengutachtens (§§ 402 ff. ZPO) und die Parteivernehmung (§§ 445, 447, 448 ZPO). Zeugen und Urkunden haben hierbei die höchste Praxisrelevanz, die Parteivernehmung sollte nach Möglichkeit nur in Betracht gezogen werden, wenn andere Beweise nicht zur Verfügung stehen.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Klageerwiderung nicht nur eine formale Pflicht ist, sondern die entscheidende Grundlage für die gesamte weitere Verteidigung im Zivilprozess bildet. Wer als Beklagter strukturiert vorgeht, Fristen beachtet, den gegnerischen Vortrag sorgfältig prüft, seinen Vortrag klar strukturiert und eigene Beweisangebote macht, verschafft sich eine deutlich bessere Ausgangsposition für die folgende mündliche Verhandlung. Gerade weil das Gericht sich im frühen Stadium ein erstes Bild vom Streitstoff macht, sollte die Klageerwiderung genutzt werden, um die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte präzise herauszuarbeiten. Eine sorgfältig ausgearbeitete Erwiderung schafft Transparenz, stärkt die eigene Argumentation und vermeidet prozessuale Nachteile – und sie bildet zugleich den Grundstein dafür, dass das Gericht die eigene Sicht der Dinge möglichst umfassend zur Kenntnis nimmt.

Muster: Klageerwiderung

Gerecht & Schemata PartG mbB
Advokatenallee 17
12345 Rechtsstadt

Amtsgericht Musterstadt
– Zivilsegment –
Platz der Muster 1
12345 Musterstadt

Rechtsstadt, 10.02.2025


In dem Rechtsstreit
Beispiel, B. ./. Beispiel Großhandel KG
– 1 C 1234/25 –

zeige ich an, dass ich die Beklagte vertrete und diese sich gegen die Klage verteidigen wird. Eine auf mich lautende Vollmachtsurkunde liegt bei.

In der mündlichen Verhandlung werde ich beantragen,

die Klage abzuweisen.

Auf die Klageschrift erwidert die Beklagte wie folgt:

I.

[Vortrag zur Unschlüssigkeit oder Unzulässigkeit der Klage]

II.

[Vortrag zur Unbegründetheit der Klage]

Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Sollte das Gericht trotz der eindeutigen Sach- und Rechtslage weitere Ausführungen für geboten halten, wäre ich für einen entsprechenden Hinweis nach § 139 ZPO dankbar.

Gegen die Durchführung einer Videoverhandlung bestehen von Seiten des Beklagten keine Bedenken.

Zwei einfache Abschriften anbei.

G. Gerecht

Gabi Gerecht, RAin


Hinweise zum Muster:

  • Zur Vereinfachung wird im Muster kein vollständiger Rechts- und Tatsachenvortrag dargelegt, da diese Informationen sowieso an den konkreten Einzelfall anzupassen sind. Sofern Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestehen, sind entsprechende Einwendungen zuerst vorzutragen. Im Anschluss erfolgt die Erwiderung zur Begründetheit der Klage. Hierbei sollte nach Möglichkeit auf alle Tatsachen eingegangen werden, die von der Gegenseite behauptet werden. Beweisangebote sind hier ebenso zu machen.
  • Erwidern Sie auf die Klage selbst sind entsprechende Angaben zur Bestellung des Prozessbevollmächtigten entbehrlich. Ist der Prozessbevollmächtigte kein Rechtsanwalt, so kann ergänzend die Rechtsgrundlage für die bestehende Postulationsfähigkeit angegeben werden. Als Prozessbevollmächtigte benannt werden können von Unternehmen und Behörden bspw. Unternehmens- und Verwaltungsjuristen, von natürlichen Personen bspw. volljährige Familienangehörige. Vor dem Landgericht und Oberlandesgericht muss zwingend ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter benannt und die Verteidigungsbereitschaft über diesen angezeigt werden.

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