Nebenklage und Adhäsion im Strafverfahren

In Deutschland liegt das Strafverfolgungsmonopol grundsätzlich beim Staat, Strafverfahren werden also ausschließlich durch Amts- und Staatsanwälte geführt. Wer jedoch Opfer einer Straftat geworden ist, hat unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich im Wege der Nebenklage dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten anzuschließen.

Ohne Nebenklage hat ein Geschädigter vor Gericht im Wesentlichen nur die Rechte eines Zeugen. Als Nebenkläger dagegen erhält man erweiterte Mitwirkungsrechte, die über die bloße Zeugenaussage hinausgehen, insbesondere das Recht zur Anwesenheit während der gesamten Hauptverhandlung – auch vor der eigenen Vernehmung als Zeuge und bei Ausschluss der Öffentlichkeit –, das Fragerecht, sowie das Recht, Rechtsmittel einzulegen. Doch nicht nur juristisch, sondern auch psychologisch kann die Nebenklage von Bedeutung sein; der Geschädigte nimmt eine aktive Rolle im Verfahren ein, statt dem Täter ausschließlich in der Rolle des Opfers zu begegnen.

Grundsätzlich kann nur der Geschädigte einer Straftat Nebenkläger werden. In bestimmten Fällen geht dieses Recht jedoch auf nahe Angehörige über – etwa, wenn der Geschädigte infolge der Tat verstorben ist. Darüber hinaus hat der nebenklageberechtigte Verletzte auch das Recht, sich des Beistands eines Rechtsanwalts oder Verteidigers zu bedienen bzw. sich durch einen solchen vertreten zu lassen (§§ 397 Abs. 2 S. 1, 138 Abs. 3 StPO).

Insbesondere bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit ist die Nebenklage zulässig, aber auch wenn die Folgen der Tat dies rechtfertigen und es zur Wahrnehmung der Interessen des Geschädigten erforderlich ist, kann die Nebenklage zulässig sein (§ 395 Abs. 3 StPO). Im Jugendstrafrecht gelten allerdings strengere Voraussetzungen: Wird ein Verfahren gegen einen Minderjährigen geführt, ist die Nebenklage nur in besonders schwerwiegenden Fällen möglich, beispielsweise bei Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung (§ 80 JGG).

Hier folgt nun ein Muster für den Antrag auf Zulassung der Nebenklage. Anschließend werden wir uns noch damit befassen, wie man als Geschädigter zivilrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend machen kann, wie üblich ebenfalls mit einem Muster.

Muster I: Antrag auf Zulassung der Nebenklage

Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf

Einschreiben / Einwurf
Amtsgericht Beispieldorf
– Strafsegment –
Beispielallee 17
12345 Beispieldorf

Beispieldorf, 08.03.2023

In der Strafsache
Theodor Täter
– Az. 1 Ds 131/23 –

erkläre ich als durch die Tat nebenklageberechtigter Verletzter, dass ich mich der erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger anschließe und beantrage,

die Nebenklage zuzulassen.

Begründung:

Herr Täter wird angeklagt, mir am 18.02.2023 mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dadurch meine Gesundheit geschädigt zu haben.

Die Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger ergibt sich aus § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO.

Mit freundlichen Grüßen

B. Beispiel

Bernd Beispiel


Neben der Nebenklage bietet das Strafverfahren Geschädigten auch die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche unmittelbar im Rahmen des Strafprozesses geltend zu machen. Dieses Verfahren wird als Adhäsionsverfahren bezeichnet und ermöglicht es dem Opfer, Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche direkt vor dem Strafgericht zu verfolgen, ohne hierbei ein gesondertes Zivilverfahren anstrengen zu müssen.

Die Durchführung des Adhäsionsverfahrens kann in einem Strafverfahren gegen einen Erwachsenen (§ 81 JGG) beantragt werden, sofern die geltend gemachten Ansprüche in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der gegenständlichen Straftat des Verfahren stehen. Erkennt der Beschuldigte die Ansprüche an, kann das Gericht ein Anerkenntnisurteil erlassen. Wird der Anspruch hingegen bestritten, entscheidet das Gericht gemeinsam mit dem Strafurteil über den Adhäsionsantrag; hält es den Antrag für unzulässig oder unbegründet, kann es von einer Entscheidung absehen.

Wie ein Antrag auf Durchführung eines Adhäsionsverfahrens konkret aufgebaut ist, zeigt das Muster II im Anschluss an diesen Beitrag. Abschließend folgen außerdem Bearbeitungshinweise zu den Mustern I und II.

Muster II: Antrag auf Durchführung des Adhäsionsverfahrens

Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf

Einschreiben / Einwurf
Amtsgericht Beispieldorf
– Strafsegment –
Beispielallee 17
12345 Beispieldorf

Beispieldorf, 09.03.2023

In der Strafsache
Theodor Täter
– Az. 1 Ds 131/23 –

stelle ich folgende Adhäsionsanträge:

  1. Der Angeklagte und Antragsgegner wird verurteilt, an den Geschädigten und Antragsteller ein angemessenes Schmerzensgeld nicht unter EUR 500,– nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  2. Der Angeklagte und Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Begründung:

Der Angeklagte und Antragsgegner hat mir am 18.02.2023 mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ich erlitt durch die Handlung des Angeklagten einen Nasenbruch, weshalb ich mehrere Wochen lang starke Schmerzen beim Atmen hatte und im Krankenhaus versorgt werden musste.

          Beweis: Zeugnis des Geschädigten und Antragstellers, b. b.; Zeugnis der Unfallchirurgin Professor Dr. Sabine Sachverständige, zu laden über das Universitätsklinikum Beispieldorf, Auastraße 55, 12345 Beispieldorf.

Mit freundlichen Grüßen

B. Beispiel

Bernd Beispiel


Hinweise zu den Mustern:

  • Insbesondere bei schweren Straftaten ist die Wahrnehmung einer Beratung durch eine Rechtsberatungsstelle, wie etwa den Weisser Ring e. V., oder einen niedergelassenen Rechtsanwalt zu empfehlen.
  • Zusätzlich zur Zulassung der Nebenklage kann ggf. auch Prozesskostenhilfe beantragt werden.
  • Die Muster sind selbstverständlich an die persönlichen Gegebenheiten und den konkreten Sacherhalt anzupassen. Die Begründung in Muster II ist bewusst knapp gewählt, um den Aufbau eines entsprechenden Antrags zu verdeutlichen. Bei Antragstellung ist auf hinreichend substantiierte Begründung zu achten.
  • Bei beiden Mustern ist auch eine digitale Zustellung via EGVP möglich, der Zustellhinweis in den Mustern wäre hier entsprechend anzupassen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Maren

    Danke für das Beispiel

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